Brechts Dreigroschenoper in Luxemburg: Nichts als Theater?

Zu Besuch in unserer Klasse: Matthias Günther, ein Dramaturg aus Leidenschaft.

 

Als Dramaturg bezeichnet man einen literatur-und theaterwissenschaftlichen Berater beim Theater, Funk oder Fernsehen. Matthias Günther, der diese Funktion im Hamburger Thalia Theater ausübt, beschreibt den Beruf mit drei Säulen. Die erste ist es, das Programm auszuarbeiten, welches Theaterstück man spielen sollte oder ob es Romane gibt, die man für die Bühne umschreiben kann. Zudem muss er entscheiden, mit welchem Regisseur und mit welchen Schauspielern er arbeiten will. Die zweite Säule ist die der Produktionsdramaturgie: Der Dramaturg begleitet die Proben von Anfang an. Die dritte Säule ist die Programmgestaltung, wie beispielsweise das Programmheft zu entwickeln oder Einführungen zu abzuhalten.

Wir besuchten als Klasse die Aufführung der Dreigroschenoper des Thalia Theaters Hamburg und am darauffolgenden Tag kam der Dramaturg in unsere Klasse, um uns Rede und Antwort zu stehen. Wir schilderten unsere Eindrücke zum Theaterstück und stellten noch für uns offene Fragen zur Inszenierung und allgemeinere Fragen zu seinem Beruf. Herr Günther beantwortete diese aufgeschlossen – egal, ob wir jetzt erfahren wollten, wie er selbst denn die Aufführung fand, warum man sich dazu entschieden hat, das bekannte Haifischlied wegzulassen oder was ihn dazu bewegt hat, sich für den Beruf des Dramaturgen zu entscheiden. Er informierte uns auch über über die Besetzung, wie man sich für die Schauspieler entschieden hat und warum. Er erzählte uns, dass man beispielsweise für die Rollen von Polly und Jenny zwei Schauspielerinnen brauchte, welche auβergewöhnliche Stimmen haben, und da man in dem zur Verfügung stehenden Ensemble nur eine Schauspielerin hatte, welche dieses Kriterium erfüllte, musste man eine andere „ausleihen“ und einige Stellen leicht verändern. Dadurch kamen wir auf ein weiteres Thema zu sprechen, denn Herr Günther erläuterte uns, dass man bei Theaterstücken von verstorbenen Autoren erst eine gewisse Zeitspanne abwarten muss, bevor man etwas umändern kann, da das Copyright 70 Jahre bei den Erben liegt. So erfuhren wir einige interessante Details zur Dreigroschenoper und zum Beruf eines Dramaturgen.

Mir persönlich hat es sehr gut gefallen, Mathias Günther sprach sehr offen über das Theaterstück und über seinen Beruf. Wir erfuhren, wie es überhaupt dazu kam, dass er Dramaturg wurde, denn dies war nicht sein eigentliches Berufsziel, sondern Schauspielerei. Er berichtete über die Proben und wie sie ablaufen, über die ersten Schritte, um ein Theaterstück auf die Beine zu stellen. Zudem faszinierte mich seine Art und Weise zu reden, man merkte, dass er Erfahrung im Bereich der Schauspielerei hat. Man war in seinen Bann gezogen und begierig, mehr zu erfahren. Alles in allem sehr aufschlussreiche anderthalb Stunden.

Laurence Braun, 3CA1

Eine originelle Dreigroschenoper auf Luxemburgs großer Bühne.

 

Am 7. März haben wir uns mit unserer Deutschlehrerin eine Vorführung der „Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht im Grand Théâtre de Luxembourg angesehen. Das gut besuchte Theaterstück wurde vom Thalia Theater Hamburg aufgeführt.

Sicherlich war ich nicht die Einzige, die anfangs vergeblich nach einer Bühnendekoration gesucht hat. Tatsächlich haben Dramaturg und Regisseur sich dazu entschieden, keine Gegenstände auf die Bühne zu platzieren, um die Zuschauer allein mit Sprache, Mimik und Gestik durch das Stück zu führen. Der Verzicht auf jegliche Requisiten entsprach deutlich Bertolt Brechts Absicht: Er wollte nämlich verhindern, dass sich die Zuschauer es sich in ihren Sesseln gemütlich machen und Text und Gesang einfach über sich ergehen und sich von zuviel Dekoration ablenken lassen. Als Begründer des epischen Theaters wollte Brecht, dass die Menschen über das Gehörte und Gesehene nachdenken- auch noch, nachdem sie das Theater verlassen haben. Der Autor wünschte sich, die Vorstellungskraft der Menschen anzuregen, indem er sie ohne unnötige Ablenkung zwang, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich die Ursachen für die dargestellte gesellschaftliche Misere.

Großen Wert legte Bertolt Brecht auch darauf, dass Bürger und Räuber im Grunde gleich sind; dies ist ein herausragendes Thema seiner Dreigroschenoper. Dies machte der Regisseur im Stück sehr deutlich, indem er alle Schauspieler gleich kleidete, damit der Zuschauer keinen Klischees folgte. Ebenfalls verwunderlich war die Tatsache, dass es ein blauer Monteuranzug, also eine sehr simple Kleidung war, die keinesfalls den gesellschaftlichen Stand der Figur hätte verraten können.

Dem Zuschauer war es also nicht möglich, sich auf andere Aspekte zu konzentrieren als auf Text und Spiel. Erst am Schluss der Vorstellung erschienen die Schauspieler ihrer Rolle entsprechend kostümiert, sodass der Zuschauer zum Beispiel sofort erkennen konnte, dass Jenny eine Prostituierte darstellte.

Die ernste Thematik der Dreigroschenoper wurde mit erstaunlich viel Humor geschmückt. Mehr als einmal ist das Publikum in lautes Gelächter verfallen. Auch die moderne Sprache, die an manchen Stellen vorkam, wie zum Beispiel englische Begriffe, war in einer Aufführung der „Dreigroschenoper“ nicht unbedingt zu erwarten. Auch das löste einen kleinen Überraschungseffekt aus.

Absolut erwähnenswert ist auch das Talent jedes einzelnen Schauspielers. Während einige von ihnen das Publikum mit ihrer wunderschönen Gesangsstimme beeindruckten, brachten andere die Zuschauer mit gekonnter Mimik und Gestik zum Lachen. Locker und scheinbar mühelos traten die Schauspieler immer wieder aus ihrer Rolle heraus. Gerade diese Eigenschaft weist auf viel Arbeit und Feingefühl hin.

Ich war begeistert von der Inszenierung dieses Theaterstücks, dies hauptsächlich, weil sie so gut durchdacht war. Brechts Dreigroschenoper wurde so in Szene gesetzt, dass ich als Zuschauerin gebannt und interessiert das Geschehen verfolgte und nicht hätte einschlafen können, was mir zugegebenerweise bei anderen Vorstellungen schon mal passiert ist. Meiner Meinung nach ist diese Theateraufführung auf jeden Fall sehenswert und beeindruckend und ich kann versprechen, dass euch der reitende Bote bis in eure Träume begleiten wird.

Catherine Felten, 3CA1

Chapeau für die neueste Fassung der Dreigroschenoper!

 

Die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht- „… die so prunkvoll gedacht war, wie nur Bettler sie erträumen…“, wurde am 7. März im Grand Théâtre der Stadt Luxemburg aufgeführt. Mit einer äußerst talentierten Besetzung schuf der Regisseur Antù Romero Nunes eine erstklassige moderne Fassung der Geschichte und hat Brechts Meisterwerk hervorragend auf die Bühne gebracht. Im Mittelpunkt steht der Bettlerkönig Peachum, dessen Tochter Polly sich mit dem Familienfeind Mackie Messer verlobt. Als der Vater von der Heirat Wind bekommt, macht dieser es sich zur Aufgabe, seinen Konkurrenten schnellstens zur Strecke zu bringen.

Schon der erste Eindruck versetzte das Publikum in Staunen. Bertolt Brecht war buchstäblich anwesend: In blauen Arbeitskleidern, mit Brille und Zigarre im Mund, stellten alle Schauspieler Brechts Ebenbild dar. Mit einer Brecht imitierenden Sprechweise, skurriler und witziger Gestik und überzeugendem Humor bereiteten sie dem Publikum großes Vergnügen. Immer wieder kommentierten und beschrieben die Figuren das Geschehen, erzählten die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und forderten außerdem die Imagination des Publikums: Die Bühne war nämlich leer. Keine Gegenstände, keine Aufschriften, keinerlei Material. Nun war das Mitdenken der Zuschauer gefragt, so, wie Brecht es in seiner Theorie vom epischen Theater verlangte. Zur Handlung gesellte sich auch stimmungsvolle Musik und herrlicher Gesang, wie der von Kurt Weill komponierte Kanonensong aus dem ersten Akt, der von Macheath und vom Polizeichef Brown in einem Duett dargeboten wurde.

Das Beste aber hob sich die Crew für den Schluss auf. Tatsächlich traten ein waschechtes Pferd mit einem kleinen Esel auf die Bühne und sorgten für großes Gelächter und tobenden Beifall. Zu guter Letzt traten alle Schauspieler in herausgeputzten und glänzenden Kostümen erneut auf die Bühne, so, wie man es sich am Anfang der Vorstellung erwartet hätte. Die Truppe gestaltete die Dreigroschenoper vollkommen neu und konnte ihr Publikum, darunter auch mich, positiv überraschen und vollkommen überzeugen.

„Was, meinen Sie, macht den Erfolg der „Dreigroschenoper“ aus?“

„Ich fürchte, all das, worauf es mir nicht ankam: die romantische Handlung, die Liebesgeschichte, das Musikalische“, behauptete Bertolt Brecht einst in einem Selbstinterview. Vielmehr ging es ihm darum, seine Zuschauer zu belehren und sie auf alle Ungerechtigkeiten der Gesellschaft hinzuweisen und Rechte für die Unterdrückten einzufordern. Damals ist den Menschen diese Idee entgangen. Die erfrischende Neufassung des Theaterstücks jedoch schaffte es, Brechts Gesellschaftskritik durch die gelungene Inszenierung sehr gut hinüberzubringen, sodass die Botschaft dahinter sehr gut erkennbar war. Denn nicht nur damals, sondern auch heute noch gibt es viele soziale Ungerechtigkeiten und allgegenwärtige Diskriminierungen. Nicht nur Bertolt Brecht-Fans sollten sich diese Inszenierung der Dreigroschenoper auf keinen Fall entgehen lassen.

Sabrina Metzler, 3CA

Die Dreigroschenoper: nur Unterhaltung oder doch eine ernste Botschaft?

 

„Die Dreigroschenoper“ wurde von Bertolt Brecht im Jahr 1928 verfasst und ist eines seiner berühmten epischen Theaterstücke. Es wird bis heute in den verschiedensten Ländern aufgeführt, so auch am 7. März in Luxemburg vom Thalia Theater Hamburg. Unsere Klasse wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, und deshalb lasen wir das Drama im Vorfeld. Es handelt von dem Besitzer einer Bettlerfirma, Jonathan Peachum, dessen Familie und dem Gangsterchef Mackie Messer. Die Tochter von Peachum heiratet Mac, womit die Eltern jedoch nicht einverstanden sind. Durch Erpressung und Bestechung versuchen sie diesen aus dem Weg zu schaffen, was jedoch misslingt.

Die Darsteller dieser Inszenierung repräsentierten alle Brecht, deshalb bestand die Möglichkeit, dass man etwas durcheinanderkam, wenn man dies nicht von Anfang an verstand. Alle Schauspieler trugen die gleiche Kleidung, sehr kurze Haare, sogar die weiblichen Darsteller, und die meisten trugen auch eine Brille. Dies unterstrich die Gleichheit zwischen den beiden Geschlechtern, da man sie optisch fast nicht voneinander unterscheiden konnte.

Auf der Bühne waren keine Requisiten vorhanden, als Zuschauer musste man immer mitdenken und sich die Möbel usw. vorstellen, man konnte sich nicht entspannen wie im Kino. Es war nicht möglich, sich einfach „treiben zu lassen“, da man immer achtsam alle Geschehnisse beobachten musste, um die Szenen zu verstehen. Dabei spielte die Gestik und Mimik der Darsteller eine große Rolle. Hätte z.B. die Darstellerin der Hure Jenny nicht so einen eleganten Gang vorgespielt, hätte man nicht geglaubt, dass sie eine Prostituierte darstellt. Auch die Bewegungen und die Nachahmung von Geräuschen etwa einer Tür erleichterten dem Zuschauer die Vorstellung des Geschehens, wie zum Beispiel das Klopfen an der Tür und deren Knirschen beim Öffnen.

Manchmal ließ man sich doch treiben und schaute einfach nur zu, ohne mitzudenken. Doch die Verfremdungseffekte halfen dabei, diesen Zustand wieder aufzuheben. Beispiele dafür waren unter anderem die Karate-Szene und die zweifache Wiederholung von Browns Eintritt in die Zelle von Mac.

Das Stück beinhaltet eine Botschaft: Brecht war es wichtig, die Aufteilung der Gesellschaft in

Unterdrückte und Unterdrücker deutlich zu machen, damit die Menschen sich gegen die Ungerechtigkeit auflehnen konnten. In der aktuellen Inszenierung wurde diese Idee wiedergegeben; das Stück diente nicht einfach nur zum Vergnügen, sondern dazu, die „alte“ Botschaft mit der Aktualität zu verbinden, da auch heutzutage Ungerechtigkeit herrscht, z.B. bei der Kleiderproduktion in Indien, wo die Arbeiterinnen regelrecht ausgebeutet werden. Hinzu kommt noch die Bestechung und der Mangel an Solidarität, denn die Menschen tun immer noch alles, um Geld zu bekommen, so wie Jenny Mac für Geld verraten hat.

Mir hat das Theaterstück sehr gut gefallen, sowohl vom Inhalt her als auch von der witzigen Aufführung. Ich hatte befürchtet, dass es leblos und langweilig werden würde, doch ich war positiv überrascht von den vielen originellen Einfällen des Regisseurs: vom Einbau der Jugendsprache, vom Gesang und vom Auftritt eines richtigen Pferdes und Esels am Ende. Ich finde auch, dass die Schauspieler sehr gute Arbeit geleistet haben. Ohne Mikrofon standen sie auf der Bühne und schrien fast drei Stunden lang, was ziemlich bemerkenswert ist, denn man hat ihnen keine Erschöpfung angesehen. Ein absolut sehenswertes Theaterstück!

Lelija Muratovic, 3CA1

 

Fotos, Armin Smailovic, Internetquelle: https://www.thalia-theater.de/de/spielplan/repertoire/die-dreigroschenoper/

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